Führen Sie Ihre Firma wie Ihre Familie!

Sie führen in Ihrer Familie als Eltern mit großer Selbstverständlichkeit? Dann machen Sie Ihre Führung im Unternehmen doch ebenso selbstverständlich. Sie haben als Eltern die wesentlichen Ressourcen zum Führen in sich. Wichtig ist, dass Ihnen das bewusst wird. Erkennen Sie Ihre eigenen Stärken als solche, eruieren Sie diese und transferieren sie dann – in Ihr Führungskraft-Sein.

Zu Führen bedeutet, sehr komplexe Aufgabenbereiche zu bewältigen. Chefs managen, organisieren, strukturieren, delegieren. Sie geben Regeln vor. Sie sanktionieren. Sie sind Unterstützer, Förderer, Kritiker. Sie handeln flexibel- und situationsbezogen. Sie sind empathisch, nehmen ernst. Sie sind konsequent und berechenbar. Sie nehmen sich Zeit, die „Extra-Minute“ für den Mitarbeiter. Sie hinterfragen, reflektieren, ohne zu grübeln. Sie bekennen sich zu ihren Schwächen. Das sind eindeutig auch von Eltern geforderte Ressourcen.

In welchen Themen können Sie konkret Transfer leben? Einige Beispiele:

Vom Feedback zur Abmahnung zur Kündigung – konsequent sein

Im Herbst bittet die Mutter ihre Tochter einige Male, ihre schmutzigen, nassen Matschstiefel auf die dafür vorgesehene Fußmatte zu stellen. Sie erklärt, dass damit der Verschmutzung von Tapete und Teppichboden vorgebeugt wird. Die Tochter ignoriert die Bitten der Mutter und zieht die dreckigen Matschstiefel jeden Tag nach der Schule wieder im Flur aus. Tapete und Teppichboden zeigen somit bereits Dreckspritzer. Nach dreimaligem Bitten kündigt die Mutter eine Bestrafung der Tochter an.

Im Unternehmen beobachtet die Mutter, dass ein Mitarbeiter ein paar Tage in Folge im Flur raucht. Als Führungskraft hat sie den Mann mehrmals gebeten, das zu unterlassen. Sie begründet, dass Rauchen generell im Flur verboten sei und er sich darüber hinaus durch das Rauchen mehr Pausenzeiten nehme als seine Kollegen. Nachdem der Mitarbeiter die Bitten konsequent ignoriert hat, kündigt die Chefin eine Sanktion an.

Erkenntnis:
Die Mutter weiß: Sowohl in der Familie als auch im Unternehmen sind Konsequenz und Stringenz im Reden und Handeln die Grundlage für ihre Glaubwürdigkeit. Die Chefin ist verbindlich berechenbar und „dreht ihr Fähnchen nicht im Wind“. Sie gibt einem Mitarbeiter nach einem Regelverstoß ein Feedback. Dieses führt bei weiterer Nicht-Einhaltung der Regeln zu einer Abmahnung und eventuell sogar zur Kündigung.

Allgemeine Regeln begründen nicht die Autorität der Führungskraft, sie entwachsen ihr. Auch das ist authentisches Führen. In einem Sozialsystem – und ein solches sind auch Familie und Unternehmen – haben sich alle Beteiligten an die „Spiel-Regeln“ zu halten.

„Management by wandering around“

Die Mutter hat Probleme mit ihrer besten Freundin. Tagelang grübelt sie über der Problemlösung für diese Situation. Der kleine Sohn entgegnet ihr, sie solle „doch einfach mal einen Kaffee mit der Freundin trinken“ und dann mit ihr darüber sprechen anstatt immer alleine nachzudenken. Gemeinsam würden sie eventuell „viel klarer sehen“ und eine Lösung / einen gemeinsamen Weg finden.

Im Unternehmen verlässt die Mutter so oft es geht ihr Büro und „besucht“ ihre Mitarbeiter in der Operativen / an deren Arbeitsplätzen. Sie beobachtet. Sie erkundigt sich nach dem Tagesgeschäft, nach den Befindlichkeiten vor Ort. Sie sucht den kommunikativen Austausch auch im Hinblick auf neue Ideen, Servicegedanken und kreative Lösungen. Das ist ihr „Management by wandering around.“ Als Chefin weiß sie, dass die Mitarbeiter durch die Bindung zum Kunden, Lieferanden oder anderen stakeholdern oft mehr sehen / wissen. Dass sie auf Ideen kommen, die die Chefin „in ihrem Büro“ („Elfenbeinturm“) so eventuell nicht hat / nicht haben kann.

Erkenntnis:
Kinder sind oft die besseren Lösungsfinder. Sie denken lösungsorientiert und pragmatisch. Sie zeigen uns: Ein hoher Grad an Einfachheit ist manchmal genial, um die Lösung zu finden. Mitarbeiter sehen die Dinge im Unternehmen oft wesentlich pragmatischer, weniger verkopft als die Chefin. Sie können mit tollen Impulsen zum Erfolg des Unternehmens beitragen, da ihnen bestimmte Themen und damit Probleme in ihrem Arbeitsumfeld täglich begegnen. Die Chefin sieht und behandelt ihre Mitarbeiter als sprichwörtliche „Unternehmer im Unternehmen“. Die vorhandene und auch abrufbare Denkenergie der Mitarbeiter ist Teil der Basis für Innovation, Fortschritt und Weiterkommen des Unternehmens.

Argumente statt Anordnungen

Die pubertierende Tochter will mit einem bauchfreien Top gekleidet in die Schule gehen. Die Mutter diskutiert mit ihr das „Für und Wider“ dieses „Kleidungs-Stils“. Sie versucht, die Schülerin davon zu überzeugen, dass ein T-Shirt aus gemeinsam besprochenen Gründen die bessere Kleiderwahl für den Schulbesuch sei.

Im Unternehmen gibt es keine wirkliche Kleiderordnung für das Büro, da dort kein direkter Kundenkontakt stattfindet. Ein Mitarbeiter kommt grundsätzlich mit zerschlissener Jeans und T-Shirt zur Arbeit. Die Chefin sucht das Gespräch unter vier Augen. Sie führt Argumente an, die darlegen, dass obwohl kein Kundenbesuch vorkommt, eine offiziellere Garderobe der Arbeit zuträglich sei. Äußere Haltung / Kleidung hat Einfluss auf die innere Haltung, das Auftreten im Büro.

Erkenntnis:
Überzeugen ist das mittel- und langfristig wirksamere Argument zur Motivation der Menschen. Gehorsam ist kein brauchbarer Ersatz für Überzeugung. Offenheit für die Diskussion bedeutet Größe zeigen. Autoritäres Verhalten des Vorgesetzten ist Ausdruck von Unsicherheit und Inkompetenz. Nur Anordnungen geben ist kein Führen. Teamgeist kann sich so nicht entwickeln. Freiwillige Leistungsbereitschaft bleibt so auf der Strecke!

Es gibt also auch einen „Gehorsam“ auf Grund von Vertrauen und Einsicht – suchen Sie diese und gewinnen Sie so die Anerkennung Ihrer Mitarbeiter durch Überzeugung.

Veröffentlicht in: Creditreform.de ( https://creditreform-magazin.de/2016/11/14/erfolgreich/ingoschenk/sparen-sie-sich-die-weiterbildung-fuehren-sie-ihre-firma-wie-ihre-familie/ )