Das unterschätzte Potential

Nichts tun – Muße

Die Familie freut sich auf den Urlaub. In der Vorbereitung bespricht sie – zumeist bei den gemeinsamen Mahlzeiten – was sie dann tun und was sie lassen werden. Der Sohn meint eines Abends: „Ich hab s mir überlegt. Ich mach s wie Loriot. Ich mach mal nichts!“ Die anderen Familienmitglieder schauen einander an. „Wie jetzt?“
„Gar nichts?“ „Wie soll das denn aussehen?“ Der Sohn antwortet: „Wartet. Ich zeig s euch!“ Er holt das große Loriot-Buch heraus und beginnt vorzulesen:

„Hermann?“
„Ja?“
„Was machst du da?“
„Nichts.“
„Nichts? Wieso nichts?“
„Ich mache nichts.“
„Gar nichts?“
„Nein.“
„Überhaupt nichts?“
Nein, ich sitze hier.“
„Du sitzt da?“
„Ja.“
„Aber irgendwas machst du doch?“
„Nein.“
„Denkst du irgendwas?“
„Nichts Besonderes.“
„Es könnte ja nicht schaden, wenn du mal spazieren gingest.“

„Genau das versuch ich durchzuziehen! Totale Freiheit!“ Die Mutter lächelt: „Richtig! Ich glaube, ich versuche, es dir zumindest ein bisschen nach zu machen. Ein schöner Vorsatz für den Urlaub!“

Quintessenz:

Kennen Sie diese Szene von und mit Loriot, in der „Er“ im Sessel sitzt und ´nichts tunmöchte? Und „Sie“ versucht, ihn zu irgendeiner Aktivität zu bewegen. Im Urlaub werden wir ja eventuell auch wieder einmal mit dem Angebot, „Nichts zu tun“ konfrontiert. Mit dem ´Einfach-Da-Sein, dem Einfach-Da-Sitzen.

Das liest sich so leicht. Und doch fällt es uns ´immer aktiven` Menschen so schwer.

Warum? Weil wir glauben, stets etwas tun zu müssen. Mit unseren Gedanken, mit unseren Händen, mit unserem Körper. Wann können wir wirklich loslassen, geschehen lassen, mit schwimmen im ´Strom des Lebens, uns treiben lassen? Wann sprichwörtlichdas Gras wachsen lassenund nicht daranzupfen? Wann leben wir Muße? (Mit dem alten Wort ´Muße` ist die Zeit, die eine Person nach eigenem Wunsch nutzen kann – nicht fremdgesteuert – gemeint.)

Im Urlaub am Meer wird mir die Kraft des ´Mit Schwimmensimmer bewusst. Je mehr ich versuche, im Wasser gegen eine Welle anzukämpfen, desto mehr verliere ich meine Kraft und strudel. Wenn ich jedoch mit der Welle treibe, loslasse und dem ´Rhythmus der Welle` folge, habe ich es ganz leicht.

Nutzen Sie die Zeit des ´Nichts-Tun-Dürfens. Erleben Sie ´Muße bewusst als Geschenk des Lebens an Sie.
Trauen Sie sich, geschehen zu lassen.
Die ´Wellenkommen und gehen zu sehen. Das Leben seinen eigenenRhythmus` haben zu lassen.

Und nehmen Sie in Folge aus der Urlaubs-Zeit Kraft für neue Bewegung, Lebendigkeit und Kreativität mit.

Veröffentlicht in: The Huffington Post