DAS unterschätzte Potential

Nett zueinander sein – Teil 2; Everybodys darling is everybodys Depp

Mutter und Sohn trinken am Nachmittag einen Tee zusammen. Sie kommen noch einmal auf das Thema „Nett sein“ zu sprechen, über das sie vor einigen Tagen diskutiert haben. Der Sohn bemerkt kritisch, dass er sich für später im Berufsleben vornimmt, nicht ´zu nettzu sein, das heißt, sich nicht ausnutzen zu lassen. Die Mutter hakt nach: „Wie kommst du denn darauf?“ „Ich habe einen Klassenkameraden, den Tom. Der ist echt immer ´der Dumme. Ich mein, wenn was zu erledigen ist, wenn einer eine Aufgabe übernehmen muss – auf dem Schulfest, auf der Klassenfahrt oder so …Tom macht das. Und irgendwie haben wir so n paar Leute in der Klasse, die nutzen das echt aus. Die fragen immer den Tom. Und der sagt nie ´Nein. Und keiner sagt ´Danke. Das find ich doof. Ich bin echt gerne nett. Haben wir ja drüber gesprochen. Wie du auch. Ich will jedoch auch mal ´Nein sagenoder eben nicht immer ´nett sein. Ich glaub ja, für sich da so n ´Mittelmaßzu finden, ist echt voll schwer. Wie machst du das denn, Mama?“ Die Mutter denkt nach: „Hm, das ist wirklich eine Gratwanderung. Ich habe einen Satz im Kopf, den hat einmal Franz Josef Strauß gesagt – ein deutscher Politiker: ´Everybodys darling ist everybodys Depp. Ich glaube, wir können und sollten es nicht allen Menschen Recht machen wollen. Dann sind wir ´Spielbälle` unserer Mitmenschen. Freundlichkeit, Mitgefühl, Höflichkeit und so weiter sind unendlich wichtig. Doch es gibt auch Grenzen – persönliche, individuelle Grenzen.“
„Wie finden ich denn meine Grenze heraus?“

Die Mutter geht mit ihrem Sohn in ihr Büro. Sie zeigt ihm eine ´Checkliste, die sie vor einiger Zeit einmal für einen Kunden zusammengestellt hat. Dieser Kunde hatte das Problem, in seinen Beziehungen immer wieder persönliche Nachteile zu erfahren und auch ausgenutzt zu werden. Er hatte das Gefühl, quasi ´sich selbst und seine Bedürfnisse zu vergessen – über all seinen ´Nettigkeiten` anderen Menschen gegenüber.

Checkliste

´Nett oder weniger Nett sein` – 10 Fragen an mich selbst

  1. Kann und mag ich meine Meinung in Diskussionen vertreten?
  2. Ist es mir sehr wichtig, was andere Menschen von mir denken?
  3. Möchte ich von allen gemocht werden?
  4. Glaube ich zu wissen, was andere von mir erwarten?
  5. Kann ich anderen Menschen meine Meinung sagen, sie auch kritisieren?
  6. Gehe ich Konflikten regelrecht aus dem Weg?
  7. Bin ich immer und überall und zu jedem hilfsbereit?
  8. Fragen viele Menschen mich sehr häufig um meine Unterstützung?
  9. Bin ich mitfühlend, sozial kompetent und versetzte mich immer sofort in die Lage meines Gegenüber?
  10. Kann ich eine Bitte um Unterstützung absagen?

Quintessenz:

Öfter einmal Nein sagen, anderen Menschen die eigene Befindlichkeit mitteilen,
auch selbst einmal um Unterstützung bitten, sind Schritte auf dem Weg weg von everybodys darling hin zu einer selbstbestimmten, sich selbst wertschätzenden Persönlichkeit.

Es ist wichtig, anderen die eigenen Grenzen aufzuzeigen.

Es ist sinnvoll zu zeigen wann ´es zu viel ist` und dabei dennoch sozial kompetent, empathisch und sympathisch zu sein.

Freundlichkeit und andere Tugenden sind Brückenbauer zwischen uns Menschen. Diese dürfen jedoch auf die Dauer nicht mit ´zu viel Gewicht` überstrapaziert werden.

Veröffentlicht in: The Huffington Post