das unterschätzte Potential im Unternehmen? Teil 19
Launen
Meine kleine Tochter kommt aus der Schule.
„Puh, die Hanni hatte heute schlechte Laune. Die hat total böse geguckt, keinen gegrüßt, war obermotzig und in Reli sogar frech zu Herrn Meier.
Die hat uns in der Klasse alle damit angesteckt, so mies drauf war sie.
Frau Schön hat das natürlich auch gemerkt und uns dann in der Deutsch-Stunde eine Geschichte erzählt. Sie meinte sogar, die Geschichte bringt auch großen Leuten was bei – für die Arbeit und so – ich erzähle sie Dir mal.“
Der Dachs hat heute schlechte Laune!
(Moritz Petz; Amelie Jackowski)
Huch
, machte der Dachs, als er aufwachte.
´Heute bin ich aber schlecht gelaunt. So etwas von schlecht gelaunt, ich bin ja richtig gefährlich! Und wenn man so gefährlich ist und so schlecht gelaunt, darf man eigentlich gar nicht unter die Leute gehen. Da bleib ich wohl besser zu Hause.`
Und er warf schon mal schlecht gelaunt sein Bettzeug beiseite.
Beim Frühstück überlegte es sich der Dachs wieder anders.
´Was habe ich davon, schlecht gelaunt zu sein, wenn niemand es merkt?
Sollen es doch ruhig alle wissen! Ich wäre ja schön dumm, wenn ich dann nur daheim herumsäße!`
Mit viel Gepolter verließ er seinen Bau. Natürlich nicht, ohne die Tür zuzuknallen.
Der Dachs stampfte den Weg entlang, den er immer morgens ging. Zufällig kam ihm der Waschbär entgegen.
Guten Morgen, lieber Dachs
, grüßte er.
´Guten Morgen? Was soll an diesem Morgen schon gut sein? Schau lieber, dass du weiterkommst!`, sagte der Dachs unfreundlich. Damit stapfte er weiter.
´So ein blöder Dachs`, dachte der Waschbär.
´Ich hab ihm doch nichts getan!`
Und der Waschbär bekam selber schlechte Laune.
Der Dachs dagegen fühlte sich schon etwas besser.
´Das war gar nicht schlecht für den Anfang`, dachte er gerade, als er den Hirsch sah.
Hallo Dachs
, grüßte der Hirsch.
Na, wie hast du denn geschlafen?
´Was geht‘s dich an, alter Geweihträger`, fauchte der Dachs aber nur böse und marschierte weiter.
Was ist denn mit dem Dachs los?
, dachte der Hirsch missmutig.
Na, aber das kriegt er wieder!
Der Dachs polterte weiter seinen Weg entlang, und inzwischen fühlte er sich fast wieder gut. Aber dennoch brummte er die Maus und den Fuchs, den Hasen und zuletzt das Eichhörnchen an.
Beinahe kein Tier im Wald blieb von seiner schlechten Laune verschont.
Nach dem Morgenspaziergang arbeitete der Dachs fleißig in seinem Garten.
Jetzt war er wieder richtig gut gelaunt.
Sogar so gut, dass er ein Lied bei der Arbeit pfiff.
Gegen Nachmittag machte der Dachs Feierabend,
und er war sehr zufrieden mit sich. Vergnügt ging er zur Lichtung, um die anderen Tiere zu treffen. Doch dort war es ganz still. Kein Tier ließ sich blicken.
´Seltsam, dachte der Dachs, ´Wo sind denn alle? Am besten, ich geh zum Waschbären und frage ihn.
Doch der Waschbär war gar nicht gut gelaunt.
´Lass mich ja in Ruhe!`, raunzte er den Dachs an.
Der Dachs war ganz überrascht.
Aber mit keinem der anderen Tiere, die der Dachs nun traf, erging es ihm besser.
Der Fuchs bellte, er solle bloß verschwinden.
Das Eichhörnchen hätte ihm beinahe eine Nuss auf den Kopf geworfen. die Tiere knurrten und brummten, fauchten und pfiffen den Dachs an, dass ihm ganz schwindelig wurde.
Zu Hause dachte der Dachs nach.
Vielleicht hätte ich heute Morgen wirklich lieber daheimbleiben sollen
, überlegte er.
´Oder wenigstens nicht ganz so unfreundlich sein sollen. Jedenfalls sind alle Tiere böse auf mich. Was mache ich jetzt nur?`
Etwas später kam die Amsel beim Dachs vorbeigeflattert.
Sie hatte der Dachs am Morgen nicht getroffen, und daher erzählte er ihr alles, und zusammen überlegten sie.
Dann hatte der Dachs einen Einfall, und die Amsel versprach gleich, ihm zu helfen.
´Heute großes Dachsfest!` zwitscherte die Amsel etwas später durch den Wald.
´Ein Fest nur für schlecht gelaunte Tiere. Alle schlecht gelaunten Tiere sind eingeladen. Gute Laune ist verboten. Kommt alle zum Dachsfest beim Dachsbau!`
Und wirklich kamen alle Tiere missmutig zum Dachs. Als alle versammelt waren, hielt der Dachs eine kleine Rede:
´Wir sind heute beisammen, sagte der Dachs, ´um allen zu zeigen, wie schlecht gelaunt wir sein können. Jeder von uns hat wirklich schlechte Laune, und ich glaube – ich bin wohl schuld dran. Schlechte Laune haben ist ja nicht schlimm, schlechte Laune machen aber wohl! Darum will ich mich mit diesem Dachsfest entschuldigen. Und außerdem soll heute das Tier gefunden werden, das von allen am schlechtesten gelaunt ist.
Dann probierten die Tiere aus:
Wer am bösesten gucken kann.
Wer am unfreundlichsten ´Guten Morgen` sagen kann.
Wer am gefährlichsten fauchen kann.
Nur – seltsam war, wie gut gelaunt bald alle Tiere wieder waren.
Und die beste Laune hatte:
der Dachs.“
„Mein Herz. Ich danke dir“, sagte ich zu meiner Tochter, als sie mit ihrer Erzählung fertig war. „Das ist wirklich eine gute Geschichte.
Und ja, sie bringt auch uns große Leute zum Nachdenken über uns selbst.
Nämlich darüber, wie wir mit unseren Launen umgehen können – in der Familie, im Alltag und in unseren Unternehmen.“
Fazit:
Schlechte Laune verbreitet sich wie ein Feuer. Es zu löschen, bedarf nicht nur Wassers, sondern im Fall von menschlichen Emotionen, die im Arbeitsalltag immer mitspielen, Fingerspitzengefühls. Und zwar von „top to toe“: Im Unternehmen ist die Führungskraft Vorbild – im Familienalltag sind es Mutter und Vater.
Der Drahtseilakt, den es zu bewältigen gilt, ist der zwischen eigener schlechter Laune, Schwarzmalerei, Stress-Symptomen und Selbstbeherrschung. Dauerlächler und Konfliktvermeider leben ungesund, denn sie halten mit ihrem Unmut hinter dem Berg. Ein offenes Wort, warum man schlecht gelaunt oder gestresst ist, ist ein erster Schritt zur Bewältigung der Krise. Ein konstruktives Miteinander entsteht, entwickelt und stabilisiert sich nur, wenn jeder sich verantwortlich fühlt. Mein Tipp: Nehmen Sie Anteil, an sich selbst und Ihren Mitmenschen, räumen Sie innere Barrieren und Aversionen aus dem Weg und treten Sie in einen aktiven, positiven Dialog mit ihrem Umfeld. Es lohnt sich!
Veröffentlicht in: The Huffington Post