Vom Familienmanagement in den Führungsjob?
Als Mutter einer Patchwork- Familie liegt es für Business -Coach
Dr. Stephanie Robben-Beyer auf der Hand: Mütter sind ideale Führungskräfte. Im Interview erklärt sie, welche Parallelen sie zwischen Familienalltag samt Kindererziehung und Leadership im Job sieht – und warum Chefs endlich mal umdenken müssen.
Frau Dr. Robben-Beyer, wie sind Sie eigentlich auf Ihr Herzensthema – Mütter als Führungskräfte – gestoßen?
Es flog mir zu, als ich meinen Mann kennenlernte. Er hat zwei Söhne, die damals schon junge Erwachsene waren, die mich aber doch als Bonus-Mama annahmen und brauchten. Spätestens, als ich mit 42 selbst Mutter einer Tochter wurde, ging mir auf wie sehr mich das Familienmanagement reifen ließ und immer noch lässt. Mir war wichtig, dass wir harmonisch als Patchwork-Familie zusammenwachsen, und ich stellte fest, dass der Prozess Ähnlichkeit mit einer Unternehmensfusion hat, bei der zwei Teams miteinander klarkommen müssen. Man braucht in puncto Mitarbeiterführung in vielen Bereichen genau die Fähigkeiten, die man sich im Familienalltag und bei der Kindererziehung aneignet. Ich finde, in der Chefetage sollte man die Elternzeit als Weiterbildung begreifen.
Die Realität sieht aber leider ganz anders aus..
Ich bin immer wieder sprachlos, wenn ich erlebe, dass weibliche Führungskräfte nach dem Babyjahr die Kündigung erhalten. Dann denke ich: Da hat es wieder einer nicht kapiert. Einmal allerdings hat mich eine Stellenausschreibung überrascht: Da suchte jemand explizit eine Mutter für einen Führungsposten. Dieser Chef wusste offensichtlich, was Frauen mit Kindern leisten und wie effizient sie arbeiten.
Welche Fähigkeiten bringen Frauen denn aus der Elternzeit oder allgemeiner aus der Elternschaft für den Job mit?
Sie haben gelernt, ihr Ego zurückzustellen und ein Vorbild zu sein schließlich orientieren sich die Kleinen an ihnen.
Sie können tägliche Prioritäten setzen und langfristige Ziele und ein Kind motivieren. diese sukzessive zu erreichen. Sie haben ihr Zeitmanagement optimiert und wissen um den Wert von Feedback und Lob. Sie sind empathisch, weil sie ihre Kinder immer da abholen, wo sie gerade stehen. Mütter älterer Kinder haben die oft sehr schwierige Phase der Pubertät begleitet, dabei haben sie gelernt, dass die Welt bei einem Problem nicht gleich untergeht. Und all das schenkt ihnen in den richtigen Momenten die nötige Gelassenheit und Souveränität.
Wieso stellen Chefs dann nicht reihenweise Mütter ein?
Weil es natürlich – da mache ich mir nichts vor – immer noch ein Risiko ist, Mütter einzustellen, deren Kinder häufig krank werden können oder für die sich mal keine Betreuung findet. Ich habe keine Ponyhof-Vorstellung, ich bin aber der Meinung, dass Unternehmen sich von vornherein entsprechend aufstellen und darauf vorbereiten können. Abgesehen von firmeneigenen Kitas mit längeren Öffnungszeiten braucht es zum Beispiel Systeme mit Worst-Case-Regeln: Wer springt ein, wenn die Mutter ausfällt? Kann sie ins Home-Office? Wenn man ihr die Flexibilität einräumt, erledigt sie den Job auch um 21 Uhr zu Hause. Viele Mütter sind froh, wenn sie arbeiten können, und die meisten von ihnen würden sich eher ein Bein ausreißen, als einen Termin nicht einzuhalten.
Interview: Susanne Helmer für „Für Sie 972023“